6. Workshop des Städte- und Gemeindebundes in Unzmarkt
Quo vadis Europa? Soziologe Manfred Prisching über die Zukunft Europas
Unzmarkt (9.6.2009) - Zum mittlerweile sechsten Mal ging heute der vom Steirischen Städte- und Gemeindebund und "europe direct" organisierte Informations-Workshop zum europäischen Förderprogramm "EU für Bürgerinnen und Bürger" über die Bühne. Zu Gast war diesmal auch der Soziologe Manfred Prisching von der Universität Graz, der aus gegebenem Anlass über mögliche Zukunftsszenarien der Europäischen Union referierte.
In seiner Begrüßung sprach Stefan Hoflehner, Landesgeschäftsführer des Steirischen Städtebundes, die geringe Beteiligung bei der Wahl zum Europäischen Parlament an, die seiner Meinung nach zeige, "dass die europäischen Werte noch nicht wirklich in den Köpfen der Bevölkerung verankert sind." Genau aus diesem Grund setze die Europäische Union auf Programme wie "EU für Bürgerinnen und Bürger", die den Menschen auch in den Regionen das oft zitierte unbekannte Wesen EU näher bringen sollen.
Michael Schwaiger vom Verein Auxilium, mit zahlreichen Auslandserfahrungen etwa in Großbritannien und Rumänien selbst gelernter Europäer, erklärte den interessierten Gemeindevertretern sodann, welche finanziellen Mittel sie für bestehende oder geplante Partnerschaften mit Städten bzw. Gemeinden aus dem EU-Ausland - auch Kroatien, Mazedonien und Albanien werden zukünftig Partner sein - bei der Europäischen Union beantragen können. "Man sollte aber nicht den monetären Anreiz als vorrangig betrachten, sondern vor allem die wirtschaftliche Nachhaltigkeit und den kulturellen Mehrwert, die solche Partnerschaften mit sich bringen, sehen", so Schwaiger.
Im Anschluss an den ausführlichen und informativen Vortrag Schwaigers versuchte schließlich der Soziologe Manfred Prisching von der Karl-Franzens-Universität Graz, Europa und seine (zukünftige) Rolle in der Welt zu definieren. Dabei stellte er fest, dass Europa schwer anhand seiner geografischen Grenzen, sondern eher über gemeinsame Werte definierbar sei. Der Grund, weshalb die Europäer sich selbst bislang größtenteils noch nicht als europäische Wertegemeinschaft wahrnehmen, liege laut Prisching darin, dass ihnen diese Werte - im Gegensatz zu den Vereinigten Staaten von Amerika - nicht von Kindesbeinen an regelrecht eingebläut werden.
Ein fehlendes europäisches Gemeinschaftsgefühl könne allerdings zu einem Rückschlag des Projektes führen, im Zuge dessen sich Europa wieder in "kleinstaatliche Schotterhaufen" auflösen würde. "Eine derartige Kleinteiligkeit wäre in einer globalisierten Welt sicherlich ein Nachteil." Der richtigere, wenngleich mittelfristig nicht durchsetzbare Weg sei da eher ein USE-Modell, also eine Art "United States of Europe". In der Zwischenzeit müsse man sich mit dem bestehenden komplizierten, wie der Soziologe es nennt, "Sui-Generis-Modell" zufrieden geben.
Wie auch immer sich Europa weiterentwickeln werde, müsse es sich der anstehenden Probleme annehmen. Dazu gehörten nicht nur die Klimapolitik samt der Verknappung fossiler Energiequellen, sondern auch der Kampf gegen die undurchsichtiger werdende internationale Kriminalität, die Asylpolitik und vor allem auch - "nachdem Europa für sich selbst beschlossen hat, auszusterben" - die Überalterung mitsamt den damit verbundenen Pensionskrisen und Pflegeproblemen.
Weitere Termine:
www.gemeindepartnerschaften.steiermark.at
Text: Gernot Walter/ "europe direct"/Fachabteilung Europa und Außenbeziehungen