Thema: EU und Nichtraucherschutz
Das ist doch „Schall und Rauch" - Die Nikotinsucht und deren Auswirkungen vor allem auf NichtraucherInnen nimmt diesen Spruch geradezu wörtlich: Lautstark wird allerorten über das Rauchen diskutiert. Ein Volksentscheid im Freistaat Bayern hat im Juli 2010 deutlich gemacht, dass die Mitgliedländer der EU keine einheitliche Vorgehensweise kennen, ja, dass es sogar regionale Unterschiede in föderal strukturierten Staaten gibt. Hier für alle Interessierten die Faktenlage:
Allgemeines zum Thema Nichtraucherschutz und Europäische Union
Rauchfreie Zonen waren in der EU bereits 1989 ein Thema: Damals wurden mit einer Entschließung des Rates die Mitgliedstaaten aufgefordert, Maßnahmen für Rauchverbote in öffentlich zugänglichen Räumen bestimmter Einrichtungen und in öffentlichen Verkehrsmitteln zu treffen. Weiter wurden die Mitgliedstaaten in einer Empfehlung des Rates von 2002 dazu aufgerufen, gesetzliche Maßnahmen zum Schutz gegen Passivrauchen am Arbeitsplatz, in geschlossenen öffentlichen Räumen und in öffentlichen Verkehrsmitteln zu erlassen. Schließlich wurde 2007 ein Grünbuch zum Thema rauchfreie Zonen veröffentlicht. In dem Grünbuch werden zwei von einander abweichende Vorgehensweisen vorgeschlagen: eine möglichst breit angelegte Strategie und ein weniger stringenter Aktionsansatz.
Eine möglichst breit angelegte Strategie
Der umfassendste Ansatz würde darin bestehen, für alle Arbeitstätten und alle ganz oder zum Teil abgeschlossenen Räumlichkeiten mit Publikumsverkehr sowie alle öffentlichen Verkehrsmittel ein generelles Rauchverbot vorzuschreiben. Nach Auffassung der Kommission wäre dies die wirksamste Lösung, auch wegen der Vielzahl unterschiedlich beschaffener öffentlicher Räume.
Der weniger strenge Ansatz
Diese Lösung würde darin bestehen, für Arbeitstätten und für ganz oder teilweise geschlossene öf-fentlich zugängliche Räumlichkeiten ein generelles Rauchverbot zu verhängen, aber mit Ausnahmeregelungen für bestimmte Kategorien von Örtlichkeiten wie Schankwirtschaften, Restaurants und Gaststätten, in denen alkoholische Getränke ausgeschenkt werden dürfen, oder Gaststätten, die keine Speisen servieren. Diese vom allgemeinen Rauchverbot ausgenommenen Einrichtungen könnten verpflichtet werden, getrennte Raucherzonen einzurichten und die technischen Regeln in Sachen Lüftung zwingend einzuhalten.
EU-weit verpflichtende Rechtsvorschriften?
Die EU könnte zwingende Rechtsvorschriften erlassen, so dass die einzelnen Mitgliedstaaten ver-pflichtet wären, vergleichbare Regelungen zum Schutz der Bürger und Bürgerinnen vor dem Passiv-rauchen zu treffen. Denkbar wären folgende Lösungen:
-
Überarbeitung und Verschärfung der Richtlinie über Karzinogene und Mutagene und der Richtlinie über Mindestvorschriften für Sicherheit und Gesundheitsschutz in Arbeitsstätten;
-
Erlass einer gesonderten Richtlinie über Rauchen am Arbeitsplatz;
-
Änderung der Gefahrstoff-Richtlinie.
Erschwerend wäre bei dieser Option, dass das Verfahren zur Erarbeitung zwingender Rechtsvorschriften langwierig sein könnte und das Endergebnis schwerlich vorauszusehen wäre.
Hintergrund
Das Internationale Krebsforschungszentrum der Weltgesundheitsorganisation (WHO-IARC) hat 2002 Tabakrauch als für den Menschen krebserregend eingestuft. Da durch Passivrauchen eingeatmeter Zigarettenrauch über 50 kanzerogene Stoffe enthält, gilt Passivrauchen als Ursache zahlreicher Krankheiten wie Lungenkrebs, Herz- und Kreislauferkrankungen und chronischer Atemwegserkran-kungen.
Schätzungen zufolge sterben in der EU jährlich über 79 000 Erwachsene an den Folgen des Passiv-rauchens. Dauerhafte und intensive ETS-Exposition findet vor allem am Arbeitsplatz und im häusli-chen Bereich statt. Durch Passivrauchen besonders gefährdet sind Kleinkinder, Säuglinge und Schwangere.
Auf EU-Ebene gibt es folgende Rechtsakte zum Schutz von ArbeitnehmerInnen:
-
Rahmenrichtlinie über Maßnahmen zur Verbesserung der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes der Arbeitnehmer bei der Arbeit nach der ein Arbeitgeber verpflichtet ist, jegliche Gefahr für die Gesundheit und Sicherheit des Arbeitnehmers am Arbeitsplatz einzuschätzen und die nötigen Vorkehrungen zur Vermeidung von Risiken und zur Verhütung berufsbedingter Gefahren zu treffen;
-
Richtlinie über Mindestvorschriften für Sicherheit und Gesundheitsschutz in Arbeitsstätten (c11115), nach der ein Arbeitgeber verpflichtet ist, Nichtraucher vor der Beeinträchtigung durch Ta-bakrauch in Ruhebereichen zu schützen und dafür Sorge zu tragen, dass in geschlossenen Arbeits-räumen eine ausreichende Frischluftzufuhr gewährleistet ist;
-
Richtlinie über Karzinogene und Mutagene sowie eine
Asbest-Richtlinie, die ein Rauchverbot für Bereiche festgelegt, in denen mit Karzinogenen/Mutagenen und asbesthaltigen Stoffen gearbeitet wird;
-
Richtlinie zum Schutz schwangerer Arbeitnehmerinnen, nach der ein Arbeitgeber verpflichtet ist, Maßnahmen zu treffen, um Schwangere und stillende Frauen vor dem Einatmen von Kohlenmo-noxid zu schützen. Im Übrigen gelten bestimmte Bestandteile von Tabakrauch nach der
Richtlinie über gefährliche Stoffe als krebserregend.
Wie halten es die Mitgliedstaaten mit dem Nichtraucherschutz?
Rauchverbot in | Raucherräume | Rauchverbot in | Rauchverbot in | |
gastronomischen | in Gastronomie | öffentlichen | öffentlichen | |
LÄNDER | Betrieben | erlaubt | Gebäuden | Verkehrsmitteln |
Belgien |
ja |
ja |
ja |
ja |
Bulgarien |
ja |
ja |
ja |
ja |
Dänemark |
ja |
ja |
ja |
ja |
Deutschland |
ja |
ja |
ja |
ja |
Estland |
nein |
ja |
ja |
ja |
Finnland |
ja |
ja |
ja |
ja |
Frankreich |
ja |
ja |
ja |
ja |
Griechenland |
nein |
ja |
ja |
ja |
Großbritannien |
ja |
nein |
ja |
ja |
Irland |
ja |
nein |
ja |
ja |
Italien |
ja |
ja |
ja |
ja |
Lettland |
ja |
nein |
ja |
ja |
Litauen |
ja |
nein |
ja |
ja |
Luxemburg |
ja |
ja |
ja |
ja |
Malta |
ja |
ja |
ja |
ja |
Niederlande |
ja |
ja |
ja |
ja |
Österreich |
ja |
ja |
ja |
ja |
Polen |
nein |
ja |
ja |
ja |
Portugal |
nein |
ja |
ja |
ja |
Rumänien |
nein |
ja |
ja |
ja |
Schweden |
ja |
ja |
ja |
ja |
Slowakei |
ja |
ja |
ja |
ja |
Slowenien |
ja |
ja |
ja |
ja |
Spanien |
ja |
ja |
ja |
ja |
Tschechien |
ja |
ja |
nein |
ja |
Ungarn |
nein |
ja |
ja |
ja |
Zypern |
ja |
nein |
ja |
ja |
Rauchverbot in | Raucherräume | Rauchverbot | Rauchverbot | |
EU-Beitritts- | gastronomischen | in Gastronomie | in öffentlichen | in öffentlichen |
Kandidaten | Betrieben | erlaubt | Gebäuden | Verkehrsmitteln |
Island |
ja |
ja |
ja |
ja |
Kroatien |
ja |
nein |
ja |
ja |
Mazedonien |
ja |
nein |
ja |
ja |
Türkei |
ja |
ja |
ja |
ja |