Steirische Schüler erleben die Europäische Union hautnah

Brüssel/Admont, 2. April 2012 - Eine Klasse der Landwirtschaftlichen Fachschule Grabnerhof aus Hall bei Admont besuchte vergangene Woche im Rahmen der Aktion "Steirische Schülerinnen und Schüler in der EU" die Einrichtungen der Europäischen Union in Brüssel. Das Europaressort fördert auf Initiative von Landesrat Dr. Christian Buchmann Reisen von steirischen Schülern nach Brüssel, Straßburg und Luxemburg mit 100 Euro pro Schüler. „Mein Ziel ist es, den Steirerinnen und Steirern den Nutzen Europas für unser Land näher zu bringen. Deshalb unterstützen wir Schülergruppen dabei, hinter die Kulissen der EU-Institutionen zu blicken und direkt vor Ort zu erfahren, welche Möglichkeiten der Mitsprache eine Region wie die Steiermark in Europa hat", betont Buchmann. Im Jahr 2012 stehen dafür insgesamt 50.000 Euro zur Verfügung.
Schon vor der Brüssel-Reise hatte sich die Schulklasse im Rahmen der steirischen Aktion " EU in Schulen" in einer Doppelstunde vorbereitet: Experten der Europa-Abteilung des Landes erklärten die Aufgaben der Institutionen der Europäischen Union und beantworteten auch aktuelle europapolitische Fragen. Die Exkursion war dann praxisnah geplant. Am Programm standen vorerst Termine bei einem innovativen belgischen Rinderzucht-Betrieb und in der Gemüsebörse in Mechelen. Für die LFS Grabnerhof haben solche Auslandskontakte bereits Tradition. So ist sie auch in einem EU-Projekt im Programm "Lebenslanges Lernen" intensiv engagiert.
In der Europahauptstadt Brüssel besuchte die Schulklasse das Europaparlament, um mit der Europa-Abgeordneten Elisabeth Köstinger zusammenzutreffen. Als Agrarsprecherin konnte die Kärntnerin der Schülergruppe aus der Obersteiermark in allen Fragen der EU-Landwirtschaftspolitik fundierte Antworten bieten: eine große Portion Europawissen, das die Schülerinnen und Schüler nun in die Steiermark mitnehmen.
Informationen:
Die Unterstützungen des Landes Steiermark im Rahmen der Initiative " Steirische Schülerinnen und Schüler in der EU" sind bereits zu knapp 60 Prozent ausgeschöpft, insgesamt haben sich bisher 288 Schülerinnen und Schüler dafür beworben.
In den nächsten Monaten sind Besuche folgender Schulen bei EU-Institutionen in Brüssel und Straßburg geplant:
Hartberg: Bundeshandelsakademie
Hatzendorf: Landwirtschaftliche Fachschule
Mautern: Hauptschule
Stainach: Bundesgymnasium/Bundesrealgymnasium
Graz:
• Karl Schubert Schule Graz
• Wiku Graz
• BG/BRG Carneri
• BG/BRG Stainach
• BG/BRG Pestalozzi
Mehr Informationen unter www.europedirect.steiermark.at
Hier der Bericht der Schüler
• „Zuerst informieren – dann kritisieren", lautet unser Motto
• Aufgabenbereiche und Funktionalitäten von Rat, Parlament und Kommission vor Ort erkunden
• Abgeordnete in persönlichen Gesprächen kennen lernen
• Welche Rolle spielt die Steiermark in Brüssel?
• Meinungsaustausch mit Jugendlichen anderer Nationen
• Unsere „große" Hauptstadt kennen lernen (Sehenswürdigkeiten und Erlebniseinrichtungen)
• Landwirtschaftliche Einrichtungen in Belgien besuchen
Projektablauf:
Bestens vorbereitet wurden wir von der Europa-Abteilung des Landes Steiermark
(Frau MMag. Manuela Fuchs, Hr. Josi Bauer) durch eine Doppelstunde im Schulunterricht.
Herr Landesrat Dr. Christian Buchmann hat mit seinem Zuschuss die Reise finanzierbar gemacht. Vielen Dank für die geschätzte Unterstützung.
Gespräche im Parlament:
Im EU-Parlament in Brüssel waren wir geladene Gäste des Herrn Abgeordneten Heinz Becker. In der Parlamentskantine fühlten wir uns sofort pudelwohl, wir wurden mit Wienerschnitzeln bewirtet.
Zunächst informierte uns Frau Abgeordnete Elisabeth Köstinger über das Zustandekommen von Gesetzen auf europäischer Ebene und gab einen Überblick über das EU-Budget.
In weiterer Folge gewährte sie uns als Chefverhandlerin der EVP für ländliche Entwicklung einen Einblick in aktuelle Agrardiskussionsthemen.
Folgende Themen erweckten dabei besonders unser Interesse:
• „Greening" Maßnahmen in der ersten oder zweiten Säule der Agrarförderungen?
• Vermehrte Unterstützungen für Übernehmer (Jungbauern)?
Abgeordneter Becker berichtete über seine Arbeitsschwerpunkte:
• Beschäftigung und Soziales (Jugendarbeitslosigkeit in EU-Ländern)
• Kultur, Bildung und Jugend (Comenius, Erasmus, Leonardo da Vinci)
• Petitionen
So ist z.B. die Möglichkeit der direkten Bürgeranfrage (Petition) an das EU-Parlament, wo es in weiterer Folge sogar zu einem persönlichen Anhören in einem Ausschuss kommen kann, für uns Neuland.
Diskutiert haben wir mit ihm auch über das schlechte EU-Image in den Mitgliedsstaaten - obwohl 1/3 der Investitionen in der Regionalentwicklung von EU-Geldern getragen wird. Österreich holt sich bis zu 96% der eingezahlten Gelder von Brüssel zurück. Zur Sprache kam auch der (nicht) vorhandene Bekanntheitsgrad der EU-Abgeordneten in den Regionen sowie die Direktwahl eines EU-Präsidenten, der Rat und Kommission vertritt.
Parlamentarium
Das neue Besucherzentrum des Europäischen Parlaments, ausgestattet mit unzähligen interaktiven und multimedialen Darstellungen, beseitigte einige weiße Flecken in unserem Geschichtewissen. Um dieses informelle Angebot zur Gänze nützen zu können, würde man Wochen benötigen.
Plenartagung
In einer Miniplenarsitzung verfolgten wir eine Debatte über einen möglichen Türkeibeitritt zur EU und über die Spannungen zwischen Nord- und Südzypern anlässlich der bevorstehenden EU-Präsidentschaft von Zypern mit Juli 2012.
Steiermarkbüro
Die Steiermark stellt lediglich 0,25% der Gesamtbevölkerung in der EU. Interessen im Alleingang durchzusetzen ist somit schwierig. Es muss daher ständig Ausschau nach Partnern gehalten werden, welche ähnliche Interessen und Probleme haben.
Steiermark-Lobbyistin Mag.a Claudia Suppan hat uns mit konkreten Beispielen aktuelle Aufgaben der ständigen Steirermarkvertretung in Brüssel näher gebracht:
Luftgüteproblem
Graz, Barcelona, London und Nordrheinwestfalen haben im Bereich des Feinstaubs dieselben Probleme.
Die Kommission (Umweltkommissar) plant die Spielregeln (Grenzwerte) weiter zu verschärfen. Damit sinken aber die Belastungen vor Ort nicht. Die betroffenen Regionen ringen deshalb nach gemeinsamen, technischen Lösungen, wobei auch die Forschung eingebunden ist.
Eine „Airkonferenz" wird demnächst zu diesem heiklen Thema im Europaparlament mit mehr als 350 Personen stattfinden.
Eisenbahnlinie vom Baltikum zur Adria:
Der Semmeringbasistunnel und der Koralmtunnel sind ein wichtiger Teil dieser Verbindung. Die EU muss (soll) sich im Sinne Österreichs (Steiermark) dementsprechend finanziell beteiligen.
Gentechnik
Die Selbstbestimmung der einzelnen EU-Staaten in der Gentechnikfrage sollte rechtlich abgesichert werden.
Krähenabschuss
Diese europaweit geschützten Vögel richten in der Landwirtschaft (so werden Siloballen aufgepickt) hohe Schäden an. Krähen sollen deshalb temporär bejagt werden dürfen.
Jugendschutz
Recherchen in den EU-Ländern, wer hat was wie geregelt?
Beratung und Unterstützung im Förderbereich
Betriebe, welche in anderen EU-Ländern unternehmerisch aktiv werden möchten, unterstützen und beraten.
Kernöl, Krainer
Slowenische Bauern bieten „Steirisches Kernöl südlich der Mur" an. Damit haben unsere Kernölbauern natürlich keine Freude. Die Slowenen wollen „Krainer" (Würstchen) als Herkunftsbezeichnung schützen lassen. Wenn dem Rechnung getragen wird, darf die Wurst in Hinkunft bei uns nicht mehr „Krainer" heißen. Der Lebensmittelhandel und die Produzenten laufen dagegen Sturm.
Steiermarkbüro: Räumlichkeiten können vor Ort bei Bedarf gemietet werden
Sehenswürdigkeiten und Erlebniseinrichtungen in Brüssel
Die Stadt Brüssel mit ihren vielen Sehenswürdigkeiten lernten wir in den Abendstunden kennen (z.B. auch das monumentale Atomium). Wir haben in diversen Locations auch Jugendliche anderer Nationen kennen gelernt und dabei regen Meinungsaustausch in Englisch geführt.
Landwirtschaft in Belgien
Blitzlichter der belgischen Landwirtschaft gab es für uns bei der berühmten Gemüseversteigerung in Mechelen und auf einem innovativen Milchviehbetrieb.
-
Unser Resümee:
Es gibt keine Alternative zu diesem nachhaltig erfolgreichen Friedensprojekt in unserem Europa.
Um das aufrecht erhalten zu können, müssen wir wahrscheinlich auch langfristig eine Transferunion neben der Währungsunion zur Kenntnis nehmen. Frieden kann auf Dauer nur herrschen, wenn alle Bürger einen Mindestlebensstandard haben.
Der Gesetzgeber hat uns bereits bei der Geburt die Unionsbürgerschaft verliehen.
Die EU-Gebäude in Brüssel sind zum Teil riesige Kolosse, darin arbeiten aber Menschen mit Herz und Verstand.
Dem Süden werden wir wahrscheinlich noch öfters unter die Arme greifen müssen.
-
Wie werden wir der EU in Hinkunft begegnen?
„Diät-Kurse für EU-Ageordnete, dicke Abgeordnete bald schlank", sind z.B. die aktuellsten Sorgen der Klatschpresse. Wir wollen kritisch aber stets sachlich bleiben. Bei Informationsdefiziten und persönlichen Meinungen werden wir Institutionen bzw. Personen kontaktieren. -
Wie das funktionieren kann, das haben wir praktikabel vor Ort erlernen können.
3. Klasse der LFS Grabnerhof 2011/2012