Erfolgsgeschichte Südafrika: Die WM eröffnet weitere Zukunftschancen
Café Europa "Afrika" kurz vor Anpfiff der Fußballweltmeisterschaft

Graz - (11. Juni 2010) Ein durchwegs positives Bild zeichnete der auf Afrika spezialisierte Wissenschaftler Univ. Prof. Dr. Walter Sauer heute, Freitag (11.06.2010), im Rahmen der Internet-TV-Diskussion "Café Europa", die aus dem Medienzentrum Steiermark live übertragen wurde. "Das Land ist eine Erfolgsgeschichte", betonte er. Niemand denke daran, zu der Apartheid zurückzukehren, die vor 16 Jahren abgeschafft wurde. Dennoch sind viele Probleme ungelöst. Die WM hat jedenfalls einen enormen Schub gegeben: "Nicht nur in der Wirtschaft", unterstrich er und nannte vor allem die Stärkung des nationalen Selbstwertgefühls, die zu einer nationalen "Identitätsbildung einer gemeinsamen Gesellschaft" führe. Deshalb teilt er die Zuversicht, mit der man in Südafrika in die Zukunft blickt. "Vom Optimismus Afrikas könnten auch wir Europäer lernen", sagte er.
Größtes Problem ist, so betonte Sauer im Zusammenhang mit dem Thema "Armut", die Arbeitslosigkeit. Mittlerweile bietet das Sozialsystem Hilfe an. Durch die Wirtschaftskrise 2009 ist die Zahl der Unterstützungsbezieher dramatisch angestiegen. Nun ist zu hoffen, dass sich das heuer höhere Wirtschaftswachstum seit Jahresbeginn auch nach der Fußball-WM fortsetzt.
Dabei lobte Sauer die Politik: Der aktuelle politische Schwerpunkt der südafrikanischen Regierung liege derzeit eindeutig im Bereich Bildung, um nachhaltige Verbesserungen zu erzielen. Dies erfolgt vor der Tatsache, dass die schwarze Bevölkerungsgruppe bis 1990 überhaupt von jeglicher Berufsausbildung - und somit von Facharbeiter-Berufen - ausgesperrt war. Nun soll dieses Defizit beseitigt werden.
Was die Kriminalität betrifft, so sieht Sauer durchaus noch Handlungsbedarf. Jahrelang war es zur Zeit der Apartheid eine "Ehrensache" und Zeichen des Protestes, staatliche Vorschriften nicht zu beachten. Dies betreffe vor allem die ältere Generation und nehme nur langsam ab. Sein Stichwort: "Ethik-Erziehung" - sie sollte helfen, die Regeln der Gesellschaft auch einzuhalten. Und nicht nur der verstärkte Polizeieinsatz während der WM.
Für die Zukunft meinte der Wissenschaftler: Europa und Afrika sollten gemeinsam eine stärkere Nord-Süd-Achse bilden und ihre Politik aufeinander abstimmen. Was Südafrika betriff, so selbst gab er sich zuversichtlich. Die "historische" Figur Nelson Mandela werde zwar als Symbol weiter eine große Bedeutung behalten, de facto liegt die Verantwortung aber bei der heutigen Politiker-Generation, die sie auch gut wahrnimmt. Was die Kirche betrifft so geht er davon aus, dass auch die Haltung von Bischof Desmond Tutu weiter ihre Früchte trage. Dadurch sei der Zugang zur Wahrheit geschaffen und Versöhnung erleichtert worden. Die Umsetzung erfordere aber jeden Tag auf's Neue Beiträge von Angehörigen aller sozialer Schichten.
Übrigens: Wer sich mehr für Afrika interessiert, sollte unbedingt die Initiative "Ke Nako - Afrika jetzt!" beachten! Sie organisiert während der Fußball-WM Public Viewings - auch als Begegnung der Kulturen. In Graz gibt es von 10. bis 20. Juni "CHIALA' AFRIQAS - die Ke Nako Afrika Festwoche 2010".
Mehr erfahren Sie im
=> VIDEO-Mitschnitt ( Format WMV - 250MB - ca. 1h06min)
sowie unter
=> www.sadocc.at
=> www.kenako.at
Online-Chat (Auszüge)
Guest 8876 :: In der Fußball-WM-Mannschaft Südafrikas ist unter den 11 Spielern nur 1 Weißer. Ist Fußball nach wie vor der Sport der "Schwarzen" in Südafrika?
Guest 8876 :: Steht die Bevölkerung hinter der derzeitigen Politik Südafrikas?
Guest 3944 :: Ist das Ende der Rassentrennung mittlerweile auch im täglichen Leben sichtbar und spürbar?
Operator :: Danke für die Fragen, sie werden in Kürze weitergegeben!
Guest 8947 :: Mit rund 20 % hat das südliche Afrika die höchste HIV/AIDS-Rate. Wie wird sich dies in der zukünftigen Bevölkerungsentwicklung niederschlagen? Stirbt das südliche Afrika bald aus?
Guest 8947 :: Welche soziale Rolle spielt Fußball in Südafrika. Man hört ja immer wieder von verschiedenen Projekten, die Fußball und Bildung für Kinder aus Slums und Ghettos verbinden. Sind dies nur einzelne Vorzeigeprojekte oder gibt es dazu eine größere Initiative?