EU-Tagesnews 25.07.2012
- Zweiter Schuldenschnitt für Griechenland ist möglich
- EZB kritisiert Ungarns neue Transaktionssteuer
- Schutz der Rechte des geistigen Eigentums: EU-Zollbehörden halten an den Außengrenzen über 100 Millionen gefälschte Waren zurück
- EU will Zinsmanipulationen unter Strafe stellen
- Spaniens Anleihezinsen auf neuem Rekordhoch
- EU-Wettbewerbshüter und Google nähern sich an
Zweiter Schuldenschnitt für Griechenland ist möglich
Die derzeit laufende Prüfung der Finanzlage Griechenlands durch die Troika wird, so meint der "Standard", nach Informationen aus EU-Kreisen zu einem verheerenden Ergebnis führen. Der Schuldenberg sei nicht mehr beherrschbar und ein weiterer Forderungsverzicht unvermeidlich. Die Troika von EU-Kommission, Europäischer Zentralbank (EZB) und Internationalem Währungsfonds (IWF) prüft zurzeit, wie weit Griechenland vom vereinbarten Spar- und Reformweg abgewichen ist. Das zweite, 130 Mrd. Euro schwere Rettungspaket sollte Griechenland helfen, den Schuldenstand von mehr als 160 Prozent des Bruttoinlandsprodukts im Frühjahr bis 2020 auf 120 Prozent zu drücken. Nur unter dieser Bedingung beteiligte sich der IWF an der Finanzhilfe. Doch während des monatelangen Wahlkampfs kamen die Reformen und Einsparungen zum Erliegen, während sich die Rezession verschärfte. Wenn sich jetzt herausstellt, dass die Quote deshalb weit über dieser Marke liegen wird, darf der Fonds einem EU-Vertreter zufolge keinen Beistand mehr leisten. Auf zusätzliche Hilfsmilliarden läuft aber die Forderung der griechischen Regierung heraus, mehr Zeit zum Abbau der Neuverschuldung eingeräumt zu bekommen. "Das müssen die Europäer dann übernehmen." Deutschland und andere nördliche Eurostaaten sind bisher aber nicht bereit, für Griechenland ein noch größeres Kredit-Paket zu schnüren. IWF, EU-Kommission und Euro-Länder haben das Land bereits mit knapp 150 Mrd. Euro über Wasser gehalten. Als eine andere Möglichkeit komme deshalb ein Forderungsverzicht der staatlichen Gläubiger in Betracht, hieß es in EU-Kreisen weiter. Im Frühjahr waren bereits die privaten Geldgeber dazu verpflichtet worden, der Regierung in Athen einen großen Teil ihrer Anleiheschulden zu erlassen. Nun könnten die Eurostaaten und die EZB auf Forderungen verzichten, die Laufzeiten von Krediten verlängern oder niedrigere Zinsen akzeptieren. Auf der politischen Ebene sei aber niemand zu dieser Diskussion bereit. Sechs Euro-Staaten seien entschieden gegen jedwede Erleichterung für Griechenland - vor allem nicht, wenn die eigenen Steuerzahler die Kosten dafür direkt tragen sollten, wie es bei einem Forderungsverzicht der Fall wäre. Deshalb stellt sich unweigerlich die Frage, wie lange Griechenland noch Mitglied der Währungsunion bleiben kann.
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EZB kritisiert Ungarns neue Transaktionssteuer
Die Europäische Zentralbank (EZB) hat Ungarns neue Finanztransaktionssteuer als Angriff auf die Unabhängigkeit der ungarischen Zentralbank gewertet. Dass die Zentralbank ebenfalls der Steuer unterliege, gefährde ihre "operationelle und institutionelle Unabhängigkeit", erklärte die EZB am Dienstag. Die am 9. Juli vom Parlament verabschiedete Steuer auf Finanztransaktionen könne als Versuch gewertet werden, den öffentlichen Sektor mit dem Geld der Zentralbank zu finanzieren. Die EZB warnte zudem, dass die Einführung der Steuer ohne Abstimmung mit den anderen EU-Staaten zu Verzerrungen innerhalb der Finanzmärkte und der Realwirtschaft führen könne. Scharfe Kritik äußerte die EZB auch daran, dass die ungarische Regierung von Victor Orban ihr den Gesetzesentwurf erst "zwei Arbeitstage" vor der Verabschiedung im Parlament zugestellt hatte. Damit habe die Regierung ihre Pflicht zur vorherigen Konsultation nicht eingehalten. Ungarn verhandelt derzeit mit EU, EZB und dem Internationalen Währungsfonds (IWF) über einen Hilfskredit in Höhe von 15 Milliarden Euro. Die Verhandlungen waren bereits monatelang wegen des Streits um eine Reform der Zentralbank blockiert worden, die nach Ansicht des Kreditgebertrios ihre Unabhängigkeit einschränkt. Auf internationalen Druck hatte die national-konservative Regierung in Budapest das strittige Gesetz schließlich geändert.
=> derstandard
Schutz der Rechte des geistigen Eigentums: EU-Zollbehörden halten an den Außengrenzen über 100 Millionen gefälschte Waren zurück
2011 beschlagnahmten die Zollbehörden der EU fast 115 Millionen Waren, bei denen ein Verstoß gegen Rechte des geistigen Eigentums vermutet wurde (2010 waren es noch 103 Millionen). Die Zahl der abgefangenen Waren nahm gegenüber 2010 um 15 % zu. Der Warenwert betrug laut dem Jahresbericht der Kommission über Zollmaßnahmen zur Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums fast 1,3 Mrd. EUR (gegenüber 1,1 Mrd. in 2010). Der aktuelle Bericht enthält auch Statistiken über Art, Ursprung und Beförderungsmethoden von Waren, die an den Außengrenzen der EU beschlagnahmt wurden, weil sie gegen Rechte des geistigen Eigentums verstoßen. Bei den zurückgehaltenen Waren handelte es sich in erster Linie um Arzneimittel (24 %), Verpackungsmaterial (21 %) und Zigaretten (18 %). Produkte des täglichen Bedarfs und Produkte, die für Verbraucher gesundheitsgefährdend sein können, machten insgesamt 28,6 % der zurückgehaltenen Waren aus (gegenüber 14,5 % vor zwei Jahren). Bei Postsendungen setzte sich die Zunahme 2011 weiter fort, wobei in 36 % der Fälle Arzneimittel betroffen waren.
=> europa
EU will Zinsmanipulationen unter Strafe stellen
Die EU-Kommission will nach dem Skandal um versuchte Zinsmanipulationen bei mehreren Großbanken solche Delikte EU-weit unter Strafe stellen. Einen entsprechenden Gesetzesentwurf stellt die Brüsseler Behörde heute vor. Mit diesem Schritt will die Kommission Schlupflöcher schließen und dafür sorgen, dass alle 27 EU-Länder Insiderhandel und Marktmanipulationen als illegal werten und strafrechtlich verfolgen. Anlass für den Vorstoß sind die jüngsten Skandale um Manipulationen an den Zinssätzen, zu denen einander die Banken untereinander Geld leihen (LIBOR und EURIBOR). Mit der Initiative ergänzt die EU-Kommission ihre Gesetzesentwürfe vom Oktober 2011.
=> orf
Spaniens Anleihezinsen auf neuem Rekordhoch
Die drohende Abwertung der Bonitäten nicht nur Deutschlands, der Niederlande und Luxemburgs, sondern nun auch des Euro-Rettungsschirms EFSF hat heute die Anleihezinsen in der Währungsunion belastet. Praktisch alle Staaten der Euro-Zone verzeichneten eine Verteuerung ihrer Renditen auf zehnjährige Anleihen. Spanische Zinsen stiegen mit 7,743 Prozent auf ein neues Rekordhoch. Im Sog Spaniens gingen auch italienische Renditen wieder deutlich nach oben - von 6,322 Prozent am Vortag auf nunmehr 6,705 Prozent. Österreichs Zinsen kletterten auf dem Sekundärmarkt von 1,963 auf 2,072 Prozent, deutsche wurden von 1,193 auf 1,253 Prozent teurer. Lediglich in Griechenland und Portugal gab es einen Rückgang - allerdings von praktisch schon unfinanzierbaren Höhen wie 28,385 Prozent für Athen und 10,983 Prozent für Lissabon.
=> orf
EU-Wettbewerbshüter und Google nähern sich an
Der Suchmaschinenanbieter Google hat in der Diskussion über seine Marktmacht neue Zugeständnisse gemacht, die bei den EU-Wettbewerbshütern offenbar auf große Zustimmung gestoßen sind. Googles Vorschläge seien eine Basis für weitere technische Gespräche. Laut informierten Personen soll Google auf allen Plattformen wie von der EU gefordert Zugeständnisse gemacht haben. Die Gespräche könnten dazu führen, dass die Ermittlungen wegen wettbewerbsschädlichen Verhaltens eingestellt werden. Die Kommission eröffnete nach Beschwerden von Konkurrenten wie Microsoft Ende 2010 ein Verfahren gegen Google. Die Suchmaschine rücke auf unfaire Weise Dienste von Google in den Vordergrund, so der Vorwurf der Mitbewerber. Auch schließe Google Knebelverträge mit Werbekunden ab, so dass diese keine Anzeigen mehr bei anderen Anbietern schalten könnten, hatte die Kommission moniert. Google droht eine Strafe von bis zu zehn Prozent des Jahresumsatzes, umgerechnet vier Milliarden Dollar.
=> orf