Österreich-Bibliothek Drohobytsch
Graz (25. November 2022). Die Schriftenreihe "Komparatistische Forschungen zu österreichisch-ukrainischen Literatur-, Sprach- und Kulturbeziehungen" ist ein wissenschaftliches Projekt der Österreich-Bibliothek Drohobytsch, das 2011 nach der Organisation und Durchführung der 1. Österreich-Tage eingeleitet wurde. Es sind bereits zehn Sammelbände erschienen, von denen sechs Bände als Ergebnis wissenschaftlicher Konferenzen und Podiumsdiskussionen im Rahmen der durchgeführten internationalen Kulturforen "Österreich-Tage in Drohobytsch" (2011, 2012, 2013, 2015, 2017, 2019) anzusehen sind. Der 3. Band ist infolge der internationalen Konferenz "Galizien während des Ersten Weltkrieges in Literatur, Kunst und Geschichte" (Drohobytsch, 6. - 9. April 2014) entstanden. Anlässlich des 60. Geburtstags des langjährigen Lehrstuhlinhabers für deutsche Sprache an der Universität Drohobytsch, Herrn Univ.-Doz. Dr. Wassyl Lopuschanskyj wurde die Festschrift "Studia in Honorem" herausgegeben. Im 6. Band unter dem Titel "Für die Ukraine bedeutsame Persönlichkeiten Österreichs" setzt sich der Autor Prof. Jaroslaw Radewytsch-Wynnyzkyj mit den bekannten österreichischen Persönlichkeiten wie Maria Theresia, Josef II., Leopold von Sacher-Masoch, Karl-Emil Franzos, Siegmund von Herberstein, Wilhelm Franz von Habsburg-Lothringen u. a. auseinander, die die politische und kulturelle Entwicklung der Ukraine stark mitgeprägt haben.
Der 2022 erschienene 9. Band widmet sich aufgrund vieler Archivmaterialien der Wiener Universitätsbibliothek und der Österreichischen Nationalbibliothek dem Leben und Werk des ukrainischen Dichters, Übersetzers und Publizisten Meletij Kičura, der in Wien zehn Jahre (1899 - 1910) als Student der juristischen Fakultät und aktiver Vertreter des ukrainischen Literaturbetriebs verbracht hat.
Einen unmittelbaren steirischen Bezug haben zwei Bände (7. und 10.). Den Inhalt des 7. Bandes (Drohobytsch 2018, 404 S.) bilden hauptsächlich die Vorträge, die während der wissenschaftlichen Kolloquien "Die Reflexion der ethnisch kulturellen Pluralität: Zur Geschichte, Kultur, Architektur und Brauchtum der Steiermark und Galiziens" und "Österreichisch-ukrainische Literatur-, Sprach- und Kulturbeziehungen" im Rahmen der 5. Österreich-Tage (Steiermark-Tage, 2017) abgehalten wurden. Der überwiegende Teil von Beiträgen österreichischer, ukrainischer, polnischer, deutscher und bulgarischer Autoren ist unterschiedlichen Fragen der politischen, kulturellen und sozialen Geschichte der Steiermark in Österreich und des Karpatenlandes in der Westukraine gewidmet. In den einzelnen Abhandlungen, die geschichtswissenschaftlichen, kulturgeschichtlichen, sprach- und literaturwissenschaftlichen oder komparatistischen Inhalts sind, spiegelt sich der multidisziplinäre Charakter dieses Sammelbandes wider. Die inhaltliche und fachliche Diversität der Aufsätze spricht nicht zuletzt für die Vielfältigkeit der wissenschaftlichen Interessen und Forschungsgegenstände, die vom vorliegenden Band thematisch zusammengehalten werden.
Vorkämpfer der neuen Erinnerungskultur
Der 10. Band ist eine monographische Studie von Dr. Wassyl Lopuschanskyj und enthält Materialien, die dem berühmten österreichischen Menschenrechtsverteidiger, Oberst i.R. Manfred Oswald, gewidmet sind. Es werden im Buch die wichtigsten Meilensteine seiner Biographie dargestellt und sie ermöglicht Einblick in die Erfahrungen, die Manfred Oswald geprägt haben, und in die Motive, die ihn zu einem Vorkämpfer der neuen Erinnerungskultur werden ließen. Einer der Schwerpunkte des Buches ist die Auseinandersetzung mit der lange Zeit verschwiegenen Thalerhof-Tragödie (1914-1917), bei der 1756 Ukrainerinnen und Ukrainer ums Leben kamen. Manfred Oswald veröffentlichte nicht nur die Namen der Toten, sondern initiierte auch die Herstellung von 20 Gedenktafeln, die in der Friedhofskapelle (Ossarium) in Feldkirchen bei Graz zu sehen sind. Manfred Oswalds Lebensgeschichte vermittelt exemplarisch, wie Gedenken zum Herzensprojekt der Generation Gedächtnis wurde.
Drei Sammelbände (4., 7. und 8.) sind ebenso sehr wertvolle Bücher, die aufgrund der durchgeführten großformatigen Österreich-Tage in Drohobytsch wurden. Es handelt sich um die Österreich-Tage 2015 mit dem Schwerpunkt "Länder des Übergangs: zur Geschichte und Kultur von Tirol und den Karpaten", die Österreich-Tage 2017 mit dem Schwerpunkt "Steiermark - das grüne Herz Österreichs" und die Österreich-Tage 2019 mit dem Schwerpunkt "Das Salzburger Land - Wechselspiel zwischen Kultur und Natur". Die meisten Beiträge stammen von anerkannten Wissenschaftlern aus der Ukraine, Österreich, Polen, Deutschland und anderen Ländern sowohl in der ukrainischen als auch in der deutschen und seltener in der polnischen oder englischen Sprache.
Die Schriftenreihe, die übrigens auf der BuchWien 2021 und BuchWien 2022 am Bücherstand des BMIEA ausgestellt ist, wird vom Leiter der Österreich-Bibliothek Drohobytsch, Herrn Dr. Jaroslaw Lopuschanskyj und dem wissenschaftlichen Betreuer der Bibliothek, Herrn Dr. Oleh Radchenko herausgegeben und von unseren österreichischen Kooparationspartnern wie das OeAD-Kooperationsbüro Lemberg, das Österreichische Kulturforum Kyiv, das Magistrat der Stadt Wien, die Pädagogische Hochschule Wien, die Landesregierung Steiermark finanziell unterstützt.
Der nächste Band (Bd. 11) erscheint 2023 unter dem Titel „Das multikulturelle Drohobytsch der österreichischen Periode".